Anleger können Zertifikate und Hebelprodukte außerbörslich handeln oder über die Börse. Letzteres ist für Anleger mit vielen Vorteilen verbunden, und einer davon sind die Spezialisten.
Während Sie beim außerbörslichen Handel direkt mit dem Emittenten interagieren, steht beim Börsenhandel der sogenannte Spezialist zwischen Anleger und Emittent. Der Spezialist überwacht die Ausführung der Kauf- und Verkaufsaufträge. Da die Preisfeststellung weitgehend automatisiert stattfindet, geht das rasend schnell – über 93 % aller Aufträge werden in weniger als 10 Sekunden ausgeführt.
Apropos Preisfeststellung: anders als bei Aktien, wo der Preis aus Angebot und Nachfrage gebildet wird, ist es bei Zertifikaten und Hebelprodukten der Emittent, der jederzeit Kauf- und Verkaufskurse bereitstellt und damit für Liquidität sorgt. Die Handelsüberwachungsstelle (HÜSt) schaut den Spezialisten und Emittenten genau auf die Finger. Sie überprüft als unabhängige Kontrollinstanz die Einhaltung aller Regularien. Auch Sie als Anleger können sich an die HÜSt wenden, wenn Sie fürchten, dass Ihre Order nicht korrekt ausgeführt wurde. Mehr Informationen dazu finden Sie hier.
Hohe Liquidität und bessere Kurse
In das sogenannte Premiumsegment der Börse Frankfurt Zertifikate AG fallen 98 Prozent der Produkte. Emittenten in diesem Segment müssen besonders hohe Anforderungen erfüllen: Während der Handelszeit müssen sie die Kursbereitstellung ihrer Produkte kontinuierlich durchführen, so dass die Produkte jederzeit gehandelt werden können. Des Weiteren müssen die Kurse für feste Mindestvolumina gültig sein. Bei Anlageprodukten sind es 10.000 Euro oder 10.000 Stück, bei Hebelprodukten 3.000 Euro oder 10.000 Stück.
Die Spezialisten stellen sicher, dass dieses Qualitätsversprechen eingehalten wird. Sie überwachen die Kursbereitstellungen und führen aufwändige Plausibilitätskontrollen durch. Hinzu kommt: die Spezialisten haben einen umfassenden Überblick über die Produkte der von ihnen betreuten Emittenten und einen direkten Draht zu deren Handelstischen sowohl elektronisch als auch persönlich. Das ermöglicht zum Beispiel, dass Ordervolumina abgearbeitet werden, die höher sind als die vom Emittenten quotierte Stückzahl.
Bei einer eingehenden Order überprüft der zuständige Spezialist in Sekundenschnelle, ob eine passende Gegenorder eines Anlegers vorliegt. Dadurch ist es sogar möglich, bei entsprechender Orderbuchlage einen besseren Preis anbieten zu können als der Emittent. Wenn beispielsweise ein derivatives Produkt 99 zu 100 quotiert, und ein Anleger eine Kauforder mit Limit 99 Euro eingibt, die dann auf eine Verkaufsorder mit Limit 99 Euro trifft, so wird in dieser Konstellation ein Preis mit 99 Euro festgestellt. Somit hat der Käufer in diesem Fall mit 99 Euro anstatt mit 100 Euro gekauft. Ist dies nicht der Fall, führt der Spezialist die Order zum bereitgestellten Kauf- und Verkaufskurs des Emittenten aus. Anleger können sich also drauf verlassen, mit Hilfe der Spezialisten an der Börse immer den besten Preis zu bekommen.
Bei der Börse Frankfurt Zertifikate AG nehmen zwei Banken die Rolle der Spezialisten ein und überwachen den Handel mit Zertifikaten und Hebelprodukten: die Baader Bank und die ICF Bank. Stefan Scharffetter von der Baader Bank und Atakan Sahin von der ICF Bank geben einen kurzen Einblick in ihre Arbeit:
Herr Scharffetter, was ist das Wichtigste bei Ihrer Aufgabe als Spezialist für die Börse Frankfurt Zertifikate AG?
Die wichtigste Aufgabe eines Spezialisten ist die regelkonforme Aufrechtrechterhaltung des Handels an der Börse Frankfurt, und das von Montag bis Freitag von 8-22 Uhr.
Durch den hohen Automatisierungsgrad in der Orderabwicklung hat der Spezialist einerseits
eine stark überwachende Funktion über die IT- Systeme und die Handelsalgorithmen, andererseits muss er auch schnell in eine Order manuell eingreifen können, um diese entweder elektronisch, telefonisch oder über das Orderbuch auszuführen. Und das Ganze in maximal 30 Sekunden!
Herr Sahin, können Sie ein konkretes Beispiel nennen, das die Vorteile des Spezialisten zeigt?
Ein schönes Beispiel ist der sogenannte Selbsteintritt des Spezialisten. In diesem Fall kann
der Spezialist eine Kundenorder ausführen, ohne eine Gegenpartei zu benennen. Das bedeutet, dass der Spezialist beispielsweise eine Verkaufsorder eines Anlegers sofort mit einem aktuellen Preis des Emittenten ausführt, ohne dass der Emittent elektronisch oder anderweitig verfügbar ist. Somit ist die Order des Kunden wunschgemäß ausgeführt und Teilausführungen werden vermieden. Das schafft der Spezialist oftmals sogar mit einem besseren Preis als der Emittent und das Risiko dieser Position geht komplett auf den Spezialisten über.