Volkswagen präsentierte jüngst seine neue Strategie. Auf dem „Power Day“ wurde klar, dass der Autobauer in Zukunft voll auf Elektromobilität setzt. Dafür sollen in den kommenden Jahren sechs Gigafabriken entstehen.
Kaum eine Branche steht derzeit stärker im Wandel als die Automobilbranche. Die Elektrifizierung schreitet voran. Und lange Zeit sah es so aus, als ob die deutschen Hersteller beim Wandel hin zur Elektromobilität ins Hintertreffen geraten würden. Doch inzwischen haben auch die deutschen Autobauer die Zeichen der Zeit erkannt. Nicht zuletzt wegen Prämien von bis zu 9.000 Euro haben die Deutschen im vergangenen Jahr ihre Liebe zu Elektroautos und Plug-in-Hybriden entdeckt – mit einem Zuwachs von 264 Prozent auf 395.000 Neuzulassungen verzeichnete Deutschland 2020 das weltweit größte Wachstum. Für den Wolfsburger Autobauer Volkswagen ein weiteres Signal, um zum Angriff zu blasen. Im Rennen mit dem US-Elektroautopionier Tesla wollen die Wolfsburger im laufenden Jahr eine Million Elektroautos weltweit ausliefern und „bis spätestens 2025“ Weltmarktführer für E-Mobilität werden. Um die Pläne zu erreichen, will der Konzern in den nächsten fünf Jahren 46 Milliarden Euro investieren.
Volkswagen lieferte im vergangenen Jahr weltweit 422.000 E-Autos aus, was im Vergleich zum Vorjahr zwar eine enorme Steigerung war, doch lediglich einen Anteil an den gesamten Auslieferungen von weniger als 5 Prozent ausmachte. VW-Chef Herbert Diess erwartet inzwischen, dass 2030 bereits die Hälfte aller weltweit ausgelieferten Fahrzeuge von Volkswagen batterieelektrisch angetrieben sein werden. Der bislang prognostizierte Batterie-Zellbedarf von 150 Gigawattstunden (GWh) wird sich durch die neuen Pläne bis 2030 auf voraussichtlich 240 GWh erhöhen. Der Batteriebedarf soll durch vermehrte Inhouse-Produktion abgedeckt werden. So sollen ab 2025 Einheitszellen für Premium-Produkte in Salzgitter mit einem Volumen von 40 GWh pro Jahr entstehen. Weitere 40 GWh sollen vom schwedischen Partner Northvolt kommen. Zudem sind vier weitere Gigafabriken mit einer Gesamtkapazität von je 40 GWh pro Jahr geplant. Eine soll in Südwestereuropa und eine in Osteuropa entstehen. Für eine der beiden Fabriken, deren Standorte noch nicht feststehen, hat sich das Bundesland Niedersachsen beworben. Durch Einheitszellen und Recycling soll die Herstellung von Batterien so verbilligt werden, dass E-Autos preislich mit Verbrennern konkurrieren können.
Vorgestellt hat Volkswagen seine neue Strategie auf dem hauseigenen „Power Day“. Spätestens mit diesem Event, dass am Markt enorm gut ankam, wurde klar, dass Volkswagen einen Großangriff auf Tesla gestartet hat – Tesla hält mit dem „Battery Day“ ebenfalls jährlich ein Strategie-Event ab.
Volkswagen öffnete in dieser Woche zudem die Bücher für 2020. Die Zahlen sind auf den ersten Blick wenig beeindruckend. Die Auslieferungen blieben mit 9,3 Millionen Fahrzeugen etwa 15 Prozent unter dem Wert des Vorjahres, der Umsatz ging um 11,8 Prozent auf gut 223 Milliarden Euro zurück und der Nettogewinn brach um etwa 37 Prozent auf 8,82 Milliarden Euro ein. Doch nicht ein Analyst hätte zur Hochphase der Pandemie im Frühjahr 2020 auch nur mit annähernd so guten Zahlen gerechnet. Die operative Rendite betrug 2020 deutlich unter 5 Prozent. Für 2021 erwartet der Konzern eine operative Rendite zwischen 5,0 und 6,5 Prozent, peilt aber eher das obere Ende der prognostizierten Spanne an. In den Folgejahren will Volkswagen „schnellstmöglich“ wieder Margen zwischen 7 und 8 Prozent erzielen.
Die Vorzugsaktie von Volkswagen befindet sich bereits seit längerem im Aufwärtstrend. Der „Power Day“ sowie die Zahlen haben die Aufwärtsdynamik noch einmal erheblich beschleunigt. Inzwischen hat die Aktie ihre Hochpunkte vom Dezember 2019 bei 187,74 Euro und vom Januar 2018 bei 192,46 Euro deutlich überquert. Bis zum Rekordhoch vom März 2015 bei 262,45 Euro stellt sich nun kein weiteres Hindernis mehr in den Weg.