Die Autobranche steht vor dem größten Wandel seit der industriellen Revolution. In Sachen Elektromobilität und Digitalisierung orientiert sich Volkswagen dabei am US-E-Auto-Pionier Tesla und hat ehrgeizige Ziele.
Die Automobilbranche befindet sich im Wandel und durchschreitet gerade zwei entscheidende Transformationsprozesse. Da wäre zum einen der Klimawandel und der damit verbundene Innovationsdruck zum emissionsfreien Fahren – aktuell scheint der Weg eindeutig in Richtung Elektromobilität zu gehen. Und zum anderen wäre da die Digitalisierung, die das Produkt Automobil grundlegend verändert. Experten sprechen sogar von einer Zeitenwende von der Dimension der industriellen Revolution. Die deutschen Automobilhersteller haben den Wandel zwar nicht verschlafen, doch sind Sie aktuell zumindest keine Vorreiter. Wer die Transformationsprozesse momentan allerdings recht gut zu meistern scheint, ist der Wolfsburger Volkswagenkonzern.
Für VW-Chef Herbert Diess gilt der amerikanische E-Auto-Pionier Tesla als Vorbild. In einem Interview nannte er Tesla jüngst den relevantesten Wettbewerber für Volkswagen. Für Diess geht es dabei nicht nur um den Antrieb. Seiner Meinung nach wird das Automobil in Zukunft das komplexeste, wertvollste und massentauglichste Internet-Device. Tesla hätte hier neue Maßstäbe gesetzt – ein Grund, warum Tesla an der Börse aktuell wie ein Tech-Unternehmen bewertet wird und Volkswagen eher wie ein herkömmliches Automobilunternehmen. Und Diess gab in dem Interview auch klar zu verstehen: „Genau da wollen wir auch hin“.
Der wichtigste Markt für Volkswagen ist und bleibt China. Das Autogeschäft im Reich der Mitte hat sich zuletzt allerdings deutlich abgekühlt. Volkswagen bekam dies zwar auch zu spüren, kam im Vergleich zu anderen Autobauern aber noch relativ gut weg. 2019 lieferte der VW-Konzern insgesamt 4,23 Millionen Autos in die Volksrepublik aus, was immerhin eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr von 0,6 Prozent bedeutete. Das China-Geschäft war somit für fast 40 Prozent der weltweiten Verkäufe von VW verantwortlich. Und Volkswagen hat in China auch künftig hohe Ziele. Bis 2025 will der Konzern 1,5 Millionen Elektroautos pro Jahr allein in die Volksrepublik ausliefern. Die größte Herausforderung für die Automobilhersteller liegt darin, genügend Batteriesysteme für die Elektroantriebe zu bekommen. VW will in erster Linie eigene Bauteile in seinen Autos verbauen. In Braunschweig wurden daher bereits zwei Produktionslinien für eigene Batteriesysteme errichtet. Zudem soll mit dem schwedischen Partner Northvolt eine Zellfertigung in Salzgitter errichtet werden. Um die ehrgeizigen Ziele allerdings erreichen zu können, muss VW bei anderen Batterieherstellern zukaufen. VW steht aktuell in Verhandlungen mit dem chinesischen Hersteller Guoxuan.
Schafft es Volkswagen, seine ehrgeizigen Ziele in der Elektromobilität und der Digitalisierung zu erreichen, könnte der Konzern künftig deutlich höher bewertet werden. Der Markt scheint hier bereits erste Vorschusslorbeeren verteilt zu haben – die VW-Aktie hat sich zuletzt deutlich besser entwickelt als beispielsweise die Papiere von BMW und Daimler. Vor einigen Wochen hat die Aktie wieder fahrt aufgenommen und kletterte erstmals seit fast zwei Jahren wieder über die Marke von 180 Euro. Charttechnisch von größerer Bedeutung ist allerdings das Hoch vom 23. Januar 2018 bei 192,46 Euro, das zugleich ein 4-Jahres-Hoch markiert. Kann die Aktie das Hoch herausnehmen, wäre die mehr als zweijährige Seitwärtsbewegung wohl beendet. Bis zum Rekordhoch aus dem Jahr 2015 bei 262,45 Euro würde sich dann nur noch das Zwischenhoch vom 2. Januar 2014 bei 205,00 Euro in den Weg stellen. Auf der Unterseite sollten das Zwischenhoch vom April 2019 bei 163,98 Euro sowie der 200-Tage-Durchschnitt bei 158,83 Euro für ausreichend Halt sorgen.