Mit einem Zuwachs von etwas mehr als 21 Prozent ist die Aktie von Siemens Energy auf Monatssicht der zweitbeste Wert im DAX hinter der Deutschen Bank. Schaut man sich hingegen die Entwicklung seit Jahresanfang an, dann gehört das Papier des Elektro- und Energietechnikherstellers mit einem Minus von rund 42 Prozent zu den schwächsten Werten im deutschen Leitindex.

Einer der Gründe, warum es in diesem Jahr insgesamt so schlecht läuft – für viele der Hauptgrund –, ist die schwächelnde spanische Windtochter Siemens Gamesa, die den Müncheners seit Jahren regelmäßig die Bilanz verhagelt. Nun hat der Konzern grünes Licht von der spanischen Regulierungsbehörde bekommen, die spanische Tochter komplett zu übernehmen. Siemens erhofft sich mit der Komplett-Übernahme mehr Einflussnahme in die Geschäftsentscheidungen und jährliche Synergien in Höhe von rund 300 Millionen Euro.

Bei der spanischen Tochter läuft nicht alles nach den Vorstellungen des Mutterkonzerns. So leidet Siemens Gamesa unter den stark steigenden Rohstoffkosten, während bei den Lieferverträgen Festpreise vereinbart wurden. Auch gibt es Probleme mit einer Windturbine der neuesten Generation. Die spanische Regulierungsbehörde hat nun endlich ihre Prüfung abgeschlossen und grünes Licht für eine Komplett-Übernahme gegeben. Siemens Energy hat den Siemens-Gamesa-Aktionären bereits eine Übernahmeofferte zukommen lassen. Bis zum 13. Dezember haben diese nun Zeit, das Angebot über 18,05 Euro je Aktie anzunehmen. Siemens Energy, deren Anteil an der spanischen Tochter bereits 67 Prozent beträgt, hofft mit der Übernahme, seinen Anteil auf 75 Prozent erhöhen zu können, was nach spanischem Recht ausreichen würde, um die Tochter von der Börse zu nehmen.

Siemens Energy konnte als Mehrheitsaktionär bisher nur über den Aufsichtsrat Einfluss auf die börsennotierte Firma nehmen, was sich dann ändern würde. Der Konzern erhofft sich von einer vollständigen Integration der Tochter jährliche Synergien von rund 300 Millionen Euro vor allem bei Einkauf und Logistik. Mit Jochen Eickholt wurde bereits ein neuer Vorstandschef bei Siemens Gamesa integriert, der sich im Siemens-Konzern als erfolgreicher Sanierer einen Namen gemacht hat. Es wurden bereits zahlreiche Manager ausgetauscht und die Streichung von rund 2.900 Stellen angekündigt. Insgesamt will sich Siemens Energy die Komplett-Übernahme 4 Milliarden Euro kosten lassen.

In der kommenden Woche wird Siemens Energy seine Zahlen für das abgelaufene vierte Quartal vorlegen. Das dritte Quartal wurde von der schwachen Entwicklung der spanischen Tochter überschattet. Der Umsatz sank im Jahresvergleich um 4,7 Prozent auf 7,3 Milliarden Euro. Während das Gas- und Power-Geschäft von Siemens Energy einen bereinigten Gewinn vor Sondereffekten (EBITA) von 212 Millionen Euro erzielte, verhagelte der hohe Verlust bei Siemens Gamesa jedoch kräftig das Gesamtergebnis. Letztlich wies Siemens Energy für das dritte Quartal einen bereinigten EBITA-Verlust von 131 Millionen Euro aus.

Kein Wunder also, dass der Konzern das Ruder bei der spanischen Tochter herumreißen möchte. Potenzial ist reichlich vorhanden. Im dritten Quartal zog Siemens Energy Neuaufträge in Höhe von 9,8 Milliarden Euro an Land, was 60 Prozent mehr waren als im Vorjahr. Der Auftragsbestand hat mit 93,4 Milliarden Euro einen neuen Rekordwert erreicht.

Charttechnisch befindet sich die Aktie in einem intakten, seit Januar 2021 etablierten Abwärtstrend, der aktuell etwa bei 14,00 Euro verläuft. Bevor es zu einem Angriff kommen kann, muss zunächst jedoch das Juli-Tief bei 13,36 Euro gemeistert werden. Gelingt das Verlassen des langfristigen Abwärtstrends, könnten kräftige Impulse erzeugt werden. Ein erstes Anlaufziel könnte danach der aktuell bei 16,17 Euro verlaufende 200-Tage-Durchschnitt sein, ehe der Widerstandsbereich bei 16,99/17,12 Euro angesteuert werden könnte.

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