Mercedes-Benz – Stand Chart: 27.10.2022; Quelle Chart: investing.com

Autobauer haben es derzeit nicht leicht – die Halbleiterkrise, die den Absatz zuletzt kräftig bremste, scheint beinahe überwunden, da droht bereits die nächste Absatzkrise. Wegen der hohen Inflation und der drohenden Energiekrise müssen die Menschen den Gürtel künftig deutlich enger schnallen. Der Kauf eines neuen Autos hat für viele Haushalte daher vorerst nicht oberste Priorität. Doch wie in jeder Krise, gibt es Unternehmen, die stärker oder weniger stark unter den Problemen leiden. Einige, wie etwa der Premiumhersteller Mercedes-Benz, profitieren sogar von den derzeit schwierigen Bedingungen.

Der Stuttgarter Autobauer Mercedes-Benz kann wegen der Chipkrise und des daraus resultierenden Angebotsmangels derzeit deutlich höhere Preise erzielen. Die Schwaben konzentrieren sich bei den Aufträgen daher vor allem auf teure, hochprofitable Spitzenmodelle wie etwa die S-Klasse. Zudem trimmt Mercedes-Benz-Chef Ola Källenius die Marke mit dem Stern derzeit auf Luxus und setzt auf Klasse statt Masse. Mit dieser Strategie lassen sich die Gewinnmargen deutlich erhöhen.

Die strategischen Weichen in Richtung profitables Wachstum im Luxus-Segment stellte der Konzern bereits vor einigen Monaten, als er die weniger profitable Lkw-Sparte Daimler Truck ausgliederte und als eigenständiges Unternehmen an die Börse brachte. Der Erfolg der neuen Strategie lässt sich bereits sehr gut an den jüngsten Quartalszahlen ablesen. Mercedes-Benz lieferte von Juli bis September, obwohl Produktion und Vertrieb weiterhin von Halbleiterengpässen und unterbrochenen Lieferketten betroffen waren, 530.400 Pkw und 104.000 Vans aus. Dabei steigerte der Konzern seinen Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um 19,2 Prozent auf 37,7 Milliarden Euro. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) konnte um 83 Prozent auf 5,2 Milliarden Euro gesteigert werden, woraus sich eine beeindruckende Umsatzrendite von 13,8 Prozent errechnen lässt. Als die Lkw- und Busse-Sparte noch zum Konzern gehörte, waren zweistellige Umsatzrenditen Fantasievorstellungen.

Doch möglicherweise ist der Umbruch bei Mercedes-Benz noch nicht abgeschlossen, denn auch wenn sich Mercedes-Benz eher im Luxus-Segment sieht, so richtig luxuriös sind Margen unterhalb von 20 Prozent nicht. So kommen etwa die Sportwagenbauer Porsche und Ferrari auf Umsatzrenditen jenseits der 20-Prozent-Marke. Aus diesem Grund könnte bei Mercedes-Benz mittel- bis langfristig eine weitere Abspaltung bevorstehen. Während nämlich die Pkw-Sparte bei Mercedes-Benz im dritten Quartal immerhin schon eine Umsatzrendite von 14,5 Prozent erzielte, hinkte die Van-Sparte hier mit einer Umsatzrendite von 11,5 Prozent doch deutlich hinterher. Die Vans passen so gar nicht zur neuen Luxusstrategie von Mercedes-Benz. Während Vans oft von Handwerkern oder Lieferdiensten gefahren werden, will Mercedes seine Kunden eigentlich von einem Mehr an teurer Ausstattung überzeugen. Doch zumindest Handwerker und Lieferdienste sind dafür die falsche Zielgruppe. Gut möglich also, dass es hier früher oder später zu einer weiteren Abspaltung kommen wird, denn anders sind Gewinnmargen jenseits der 20-Prozent-Marke für Mercedes-Benz nicht zu erreichen.

Mercedes-Benz verspricht sich vom Wandel zu einer vollelektrischen Zukunft weitere Margen-Steigerungen und sieht wohl auch die Van-Sparte von diesem Wandel profitieren. Daher spielt eine weitere Ausgliederung zumindest offiziell in den Köpfen der Macher noch keine Rolle.

Während die drohende Absatzkrise Volumenhersteller wie etwa Volkswagen etwas härter treffen dürfte, erwarten Experten im Luxus-Segment weniger starke Auswirkungen. Mercedes-Benz blickt daher optimistisch in die Zukunft und erhöhte jüngst seine Prognosen bei der Umsatzrendite. Für das Gesamtjahr hob der Konzern sowohl für die Pkw-Sparte als auch für die Van-Sparte die Renditeerwartungen um jeweils einen Prozentpunkt auf 13 bis 15 Prozent respektive 9 bis 11 Prozent an.

Charttechnisch hat sich die Situation zuletzt erheblich aufgehellt. In der jüngsten Abwärtsbewegung ging es bis auf 50,65 Euro abwärts, womit das Korrekturtief vom Juli bei 50,19 Euro nicht erreicht wurde. Bei der darauffolgenden Erholungsbewegung ging es dann zunächst über das März-Tief bei 54,67 Euro und danach auch über die bei aktuell 55,61 Euro verlaufende 38-Tage-Linie. Ein neues Kaufsignal wurde aber erst vor wenigen Tagen generiert, nachdem die Widerstandszone zwischen 56,34 und 56,74 Euro sowie der seit Jahresanfang etablierte Abwärtstrend bei etwa 56,70 Euro nach oben durchbrochen wurden. Das nächste Anlaufziel könnte nun die aktuell bei 61,35 Euro verlaufende 200-Tage-Linie sein, ehe das Zwischenhoch vom August bei 61,66 Euro in den Fokus rücken könnte. In einem freundlichen Marktumfeld könnte sogar das Juni-Hoch bei 68,42 Euro wieder erreichbar sein.

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