Während vom Handelsstreit zwischen den USA und China sowie von der Regierungskrise in Italien zuletzt leichte Entspannungssignale zu vernehmen waren, spitzte sich die Situation in Großbritannien weiter zu.

Das Bild an den Börsen hat sich in der zurückliegenden Woche etwas aufgehellt. Im Handelsstreit zwischen den USA und China gab es leichte Entspannungssignale. Chinas Handelsministerium gab im Verlauf der Woche bekannt, dass Vorbereitungen für die nächste Runde der Gespräche im September laufen würden. US-Präsident Donald Trump sprach im Anschluss sogar davon, dass Verhandlungen „auf einer anderen Ebene“ bereits vorher stattfinden könnten, nannte aber keine weiteren Details.

Leichte Entspannungssignale waren auch in der Regierungskrise in Italien zu vernehmen. Der italienische Staatspräsident Sergio Mattarella erteilte dem bisherigen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte den Auftrag, eine neue Regierung aus Sozialdemokraten (PD) und populistischer 5-Sterne-Bewegung zu bilden. Dies gestaltete sich zunächst nicht ganz so einfach wie erwartet, den Sterne-Chef Luigi Di Maio stellte Bedingungen, die ins Regierungsprogramm müssten – andernfalls gebe es keine Koalition. Allerdings stieß Di Maio auch innerhalb seiner Partei mit seinen Äußerungen auf Unverständnis. Noch ist nichts entschieden. Allerdings machte Ministerpräsidenten Conte klar, dass bis Mittwoch eine Entscheidung hermüsse. Einigen sich alle Beteiligten auf eine neue Regierungskoalition, wäre man gerade noch einmal um Neuwahlen herumgekommen.

Gewaltiger Druck kommt derzeit jedoch aus Großbritannien, wo ein ungeregelter Brexit immer wahrscheinlicher wird. Der britische Premierminister Boris Johnson will unter allen Umständen einen termingerechten Brexit bis zum 31. Oktober – mit oder ohne Abkommen. Am Montag drohte er, noch vor dem EU-Austritt Großbritanniens Neuwahlen herbeiführen zu wollen, sollten die Abgeordneten einen ungeregelten Brexit blockieren. Um den Handlungsspielraum des Parlaments einzuengen, verordnete er dem Unterhaus jüngst kurzerhand sogar einen vierwöchigen Zwangsurlaub.

Zinsseitig spitzte sich die Situation indes weiter zu. Die Rallye an den Anleihemärkten setzte sich fort. Die Anleiherenditen sind dementsprechend weiter gesunken. Während die Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen bei 1,443 Prozent auf ein 3-Jahres-Tief abrutschte, fiel die Rendite 30-jähriger US-Staatspapiere erstmals in der Geschichte unter die Marke von 2 Prozent und markierte bei 1,905 Prozent ein neues historisches Tief. Und auch in Deutschland sank die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen bei minus 0,728 Prozent auf ein Rekordtief. Wenn an den Anleihemärkten kaum noch Renditen zu erzielen sind oder sogar draufgezahlt werden muss, steigt die Attraktivität von Aktien. Daher ging es an den Aktienmärkten in der zurückliegenden Woche wieder leicht aufwärts.
In der kommenden Woche rückt der US-Arbeitsmarktbericht für August in den Fokus.

Quelle: tradingeconomics.com; Stand: 30.08.2019

Kommt es hier zu einer Enttäuschung, könnten sich die US-Währungshüter möglicherweise doch noch für einen aggressiven Zinsschritt auf der kommenden Zinssitzung am 18. September entscheiden. Bereits die zweite Lesung beim US-Wirtschaftswachstum für das zweite Quartal fiel enttäuschend aus. Das Wirtschaftswachstum betrug von April bis Juni lediglich 2,0 Prozent – in der ersten Lesung wurde noch von 2,1 Prozent ausgegangen. Im ersten Quartal lag das Wachstum allerdings noch bei 3,1 Prozent.

Der Markt nimmt weitere Zinssenkungen seitens der US-Notenbank bereits voraus, wie der Chart eindrucksvoll zeigt. Sowohl die Rendite 2-jähriger US-Staatsanleihen als auch die Rendite der 10-Jährigen notiert mittlerweile deutlich unterhalb der Fed Funds Rate der US-Notenbank. Es ist eher nicht davon auszugehen, dass der Markt hier falsch liegt. Die US-Notenbank muss früher oder später deutlich an der Zinsschraube drehen, um ein Abgleiten der US-Wirtschaft in eine Rezession zu verhindern. Aktuell kann sie anders als der Markt hierfür noch keine Anzeichen erkennen, weshalb sie sich bisher auch recht zögerlich gibt. Die kommenden Wochen dürften daher sehr spannend werden.

Blick auf die Märkte

MARKTDATEN

(Stand: 03.09.2019, 10:30 Uhr, Quelle: vwd)

Basiswert

Stand

Veränderung zu Vorwoche (nominal)

Veränderung zur Vorwoche (in Prozent)

DAX

11.894,56

+252,61

+2,17 %

MDAX

25.575,47

+613,20

+2,46 %

TecDAX

2.770,17

+56,63

+2,09 %

Euro STOXX 50

3.419,01

+77,26

+2,31 %

Nikkei 225

20.625,16

+169,08

+0,83 %

Dow Jones

26.403,28

+504,45

+1,95 %

NASDAQ 100

7.691,00

+115,98

+1,53 %

Gold

1.530,78

-0,75

-0,05 %

Silber

18,50

+0,80

+4,55 %

Rohöl (Brent)

58,26

-0,75

-1,27 %

EUR/USD

1,0939

-0,0173

-1,56 %

AUSGEWÄHLTE WIRTSCHAFTSDATEN

(Stand: 03.09.2019, Quelle: finanzen.net)

Datum

Relevanz

Uhrzeit

Land*

Indikator

Periode

Prognose

Zuletzt

Mi, 04.09.19

3

09:50

FR

Markit Einkaufsmanagerindex Dienstleister

Aug

53,3

53,3

Mi, 04.09.19

3

09:55

DE

Markit Einkaufsmanagerindex Dienstleister

Aug

54,4

54,4

Mi, 04.09.19

3

10:00

EU

Markit Einkaufsmanagerindex Dienstleister

Aug

53,4

53,4

Mi, 04.09.19

3

14:30

US

Handelsbilanz in Mrd. USD

Jul

-53,5

-55,2

Do, 05.09.19

3

08:00

DE

Auftragseingang Industrie

Jul

-1,5 %

2,5 %

Do, 05.09.19

3

16:00

US

Werkaufträge

Jul

1,0 %

0,6 %

Do, 05.09.19

3

16:00

US

ISM Einkaufsmanagerindex nicht-verarbeitendes Gewerbe

Aug

54,0

53,7

Fr, 06.09.19

3

08:00

DE

Industrieproduktion

Jul

0,3 %

-1,5 %

Fr, 06.09.19

3

11:00

EU

Bruttoinlandsprodukt (BIP)

Q2

0,2 %

0,2 %

Fr, 06.09.19

3

11:00

EU

Bruttoinlandsprodukt (BIP)

Q2/Jahr

1,1 %

1,1 %

Fr, 06.09.19

3

14:30

US

Neugeschaffene Arbeitsplätze in Tsd.

Aug

159

164

Fr, 06.09.19

3

14:30

US

Arbeitslosenquote

Aug

3,7 %

3,7 %

Fr, 06.09.19

3

14:30

US

Durchschnittliche Stundenlöhne

Aug/Jahr

3,1 %

3,2 %

So, 08.09.19

3

00:00

CN

Exporte

Aug/Jahr

2,6 %

3,3 %

So, 08.09.19

3

00:00

CN

Importe

Aug/Jahr

-6,0 %

-5,3 %

So, 08.09.19

3

00:00

CN

Handelsbilanz in Mrd. USD

Aug

42,5

44,6

Di, 10.09.19

3

3:30

CN

Erzeugerpreisindex

Aug/Jahr

-0,7 %

-0,3 %

Di, 10.09.19

3

3:30

CN

Verbraucherpreisindex

Aug/Jahr

2,7 %

2,8 %

* Länderabkürzungen (ISO 3166): CN = China, FR = Frankreich, DE = Deutschland, EU = Eurozone, US = USA

Verlangsamt sich die Arbeitskräftenachfrage?
An diesem Freitag steht in den USA wieder der vielbeachtete Arbeitsmarktbericht auf der Agenda. Zur Info: An jedem ersten Freitag im Monat wird in den USA der Arbeitsmarktbericht für den Vormonat veröffentlicht. Weichen die veröffentlichten Daten von den Markterwartungen deutlich ab, dann ist in der Regel mit einer kräftigen Reaktion an den Finanzmärkten zu rechnen – zumindest war dies in der jüngeren Vergangenheit der Fall. Der Report für Juli hat in etwa die Markterwartungen getroffen, weshalb die anschließende Reaktion an den Märkten verhalten ausfiel. Die US-Wirtschaft schuf im Juli 164.000 neue Stellen, was exakt die Erwartungen traf. Die Arbeitslosenquote blieb unverändert bei 3,7 Prozent und damit im Bereich des 50-Jahres-Tiefs. Die durchschnittlichen Stundenlöhne zogen auf Jahressicht sogar um 3,2 Prozent an – hier hatte der Markt nur mit einem Wachstum von 3,1 Prozent gerechnet. Auf dem ersten Blick fiel der Juli-Bericht somit sehr robust aus. Allerdings wurde die Zahl der neugeschaffenen Stellen für den Monat Juni von 224.000 auf 193.000 nach unten revidiert. Zudem hat sich ein Trend entwickelt, der durchaus Grund zur Sorge bietet. Der Stellenaufbau in den USA erfolgte zuletzt vorwiegend im Dienstleistungsbereich, was auf eine Abkühlung der Beschäftigungskomponente hindeutet. Experten sehen hier einen Hinweis auf eine kommende Verlangsamung der Arbeitskräftenachfrage. Für August erwartet der Markt die Schaffung von 159.000 Jobs, bei einer gleichbleibenden Arbeitslosenquote von 3,7 Prozent und einem Anstieg der durchschnittlichen Stundenlöhne von 3,1 Prozent.