Bayer-Aktionäre hatten zuletzt wenig Grund zur Freude. Die Entwicklung des Aktienkurses war in den vergangenen zwölf Monaten eine einzige Enttäuschung. Bei der Monsanto-Übernahme vor drei Jahren bewies der Bayer-Vorstand kein glückliches Händchen. Und auch die Partnerschaft mit Curevac trägt noch keine Früchte.
Mit einem Rückgang von etwas mehr als 21 Prozent zählt die Bayer-Aktie zumindest auf Sicht der vergangenen zwölf Monate zu den größten Enttäuschungen im DAX – kein Wert im deutschen Leitindex hat sich in dieser Zeit schwächer entwickelt.
Das deutsche Life-Science-Unternehmen hatte 2018 für umgerechnet rund 54 Milliarden Euro den US-Saatgutriesen Monsanto gekauft. Doch der Kauf hat dem Leverkusener Unternehmen bisher kein Glück gebracht. Vor allem das Monsanto-Mittel Roundup, das gegen Unkraut eingesetzt werden kann, wegen des enthaltenen Glyphosats aber auch mit Krebserkrankungen in Verbindung gebracht wird, sorgt für viele Probleme. Denn seit dem Kauf von Monsanto verbringen die Anwälte des Bayer-Konzerns viel Zeit vor US-Gerichten. Die vielen Rechtsstreitigkeiten über eine mögliche krebserregende Wirkung von Roundup wollte Bayer mit Entschädigungszahlungen in Höhe von insgesamt rund 11 Milliarden Dollar beilegen. Davon sind etwa 9 Milliarden Dollar für rund 125.000 Kläger vorgesehen, deren Klagen bereits eingereicht wurden oder in Vorbereitung sind. Rund 2 Milliarden Dollar waren für mögliche künftige Klagen vorgesehen.
Doch hier machte dem Konzern vor wenigen Wochen ein US-Richter einen Strich durch die Rechnung. Den Lösungsvorschlag für künftige Klagen lehnte US-Bundesrichter Vince Chhabria jüngst ab, da eine Einigung für mögliche künftige Krebspatienten seiner Meinung nach schlichtweg „unvernünftig“ sei. Bayer stieg nach der Niederlage aus dem US-Vergleichsverfahren für mögliche künftige Kläger aus und will nun eine Lösung ohne juristische Absolution verfolgen.
Für die Aktionäre war dies keine gute Nachricht, denn damit bleibt der Konzern auch in Zukunft einem nicht kalkulierbaren Risiko ausgesetzt, denn es werden weitere Klagen kommen. Angst, dass Bayer wegen der Klagen in finanzielle Schieflage gerät, muss man aber nicht haben. Zwar sitzt der Konzern auf Schulden in Höhe von mehr als 35 Milliarden Euro, die im Wesentlichen aus der Altlast der Monsanto-Übernahme resultieren, doch läuft das Tagesgeschäft bei Bayer recht profitabel. Der Umsatz sank im ersten Quartal gegenüber dem Vorjahr zwar um 4 Prozent auf etwa 12,3 Milliarden Euro, doch konnte der Gewinn um etwa 40 Prozent auf 2,1 Milliarden Euro gesteigert werden. Gewinne, mit denen die Schuldenlast eigentlich reduziert werden sollte, doch muss ein Großteil davon wohl für weitere Rechtsstreitigkeiten eingesetzt werden.
Ein ebenfalls unglückliches Händchen bewies der Konzern in Sachen Coronavirus-Impfstoff. Bayer ging mit der Tübinger Biopharmafirma Curevac eine Partnerschaft ein. Während Curavec für die Entwicklung des Impfstoffkandidaten zuständig ist, sollte Bayer die Produktion übernehmen. Allerdings lässt eine Zulassung des sich schon seit Dezember in der finalen und damit zulassungsrelevanten 2b/3-Studienphase befindlichen Vakzins auf sich warten. Zudem gab es gestern einen weiteren Rückschlag, denn erste Studienergebnisse deuten lediglich auf eine Wirksamkeit von 47 Prozent hin.
Bayer wird langfristig möglicherweise wieder zurück in die Spur finden, was die Aktie für Anleger mit einem langen Anlagehorizont interessant macht. Auf kurze Sicht bestehen jedoch mehr Risiken als Chancen, weshalb kurzfristig ausgerichtete Anleger derzeit lieber einen Bogen um die Bayer-Aktie machen sollten.