Der einst größte Flugzeugbauer der Welt steckt in einer tiefen Krise, deren Überwindung wohl noch einige Jahre dauern dürfte. Die Boeing-Aktie gibt es zwar nicht zum Schnäppchenpreis, doch notiert sie etwa 50 Prozent unter dem Vorkrisenniveau.
Der amerikanische Flugzeugbauer Boeing hat schwere Monate hinter und wahrscheinlich auch noch vor sich. Die Leidenszeit des Flugzeugbauers begann im Oktober 2018 mit dem Absturz einer Boeing-Maschine des Typs 737 Max, bei dem alle 189 Passagiere an Bord ums Leben kamen. Keine fünf Monate später stürzte eine weitere Maschine des gleichen Typs ab, bei dem ebenfalls keiner der insgesamt 149 Passagiere überlebte. Da die Unglücksursache zunächst unbekannt war, wurde der 737 Max weltweit die Starterlaubnis entzogen.
Natürlich wollte fortan kaum eine Fluggesellschaft eine Maschine dieses Typs kaufen, weshalb fertiggestellte Flugzeuge auf einen Parkplatz zwischengelagert wurden. Zwar wurde irgendwann ein Softwareproblem für die Abstürze verantwortlich gemacht, doch war eine Lösung des Problems lange nicht möglich. Und so standen irgendwann hunderte fertiggestellte 737 Max auf den Parkplätzen rum und warteten auf Abnehmer. Für Boeing natürlich ein Desaster, was sich bereits im Geschäftsjahr 2019 empfindlich auf die Bilanz auswirkte. Im Vergleich zum Vorjahr sanken die Umsätze um 24 Prozent auf 76,6 Milliarden US-Dollar. Nachdem 2018 noch ein Gewinn von mehr als 10 Milliarden Dollar erwirtschaftet werden konnte, fiel 2019 sogar ein kleiner Verlust von 636 Millionen Dollar an.
Zu den Problemen mit der 737 Max gesellte sich 2020 dann auch noch die Coronavirus-Pandemie hinzu, womit die gesamte Flugbranche in eine tiefe Krise stürzte. Fortan verkaufte Boeing auch deutlich weniger Maschinen der Typen 777 oder 787. Die Umsätze brachen somit 2020 weiter ein. Boeing setzte 2020 nur noch 58,2 Milliarden Dollar um, was erneut 24 Prozent unter dem Vorjahreswert lag. Der Verlust weitete sich sogar auf beinahe 12 Milliarden Dollar aus.
Inzwischen hat sich die Situation jedoch deutlich verbessert. Das Startverbot für die 737 Max wurde im November zunächst in den USA aufgehoben. Andere Länder zogen kurz darauf nach. Die Europäische Luftfahrtbehörde EASA ließ sich etwas mehr Zeit, erteilte gegen Ende Januar aber ebenfalls wieder die Startgenehmigung. Und auch in Sachen Pandemie gab es in den vergangenen Monaten deutliche Fortschritte. Inzwischen wurden zahlreiche Impfstoffe zugelassen, womit dem hartnäckigen Virus der Kampf angesagt wurde.
Es ist nicht davon auszugehen, dass nach der Coronakrise bei Boeing alles wieder so wird wie vor der Krise. Dafür ist beim Flugzeugbauer, aber vor allem in der gesamten Reisebranche zu viel passiert. Einige Experten sind davon überzeugt, dass es mindestens zehn Jahre dauern wird, bis die Passagierzahlen an den weltweiten Flughäfen wieder das Vorkrisenniveau erreichen. Und dennoch könnte ein Investment in den vor der Krise noch weltgrößten Flugzeugbauer interessant sein.
Zum einen gibt es die Boeing-Aktie derzeit für etwa 223 US-Dollar und damit fast exakt zum halben Preis wie im März 2019 – damals 446 Dollar. Zudem sorgte die US-Fluggesellschaft United Airlines vor wenigen Tagen für gute Laune. Sie bereitet sich auf ein Comeback vor und geht davon aus, gestärkt aus der Krise hervorzugehen. Aus diesem Grund habe die Fluggesellschaft Anfang der Woche 25 weitere Boeing-Maschinen des Typs 737 Max für 2023 geordert. Des Weiteren hat United Airlines die Auslieferung etlicher bereits bestellter Modelle vorgezogen, so dass die Flotte in den kommenden zwei Jahren insgesamt mit 94 neuen 737 Max verstärkt werden soll. Die Meldung gab der gesamten Branche kräftigen Aufwind. Auch der Boeing-Aktie, die wieder auf Tuchfühlung zum Dezember-Hoch bei 244,01 Dollar gegangen ist. Kann das Hoch herausgenommen werden, würde sich mit einem Schlag weiteres Kurspotenzial bis zum Zwischentief vom Dezember 2018 bei 292,47 Dollar eröffnen.