Schwache Quartalszahlen und ein mauer Ausblick haben die Aktien des amerikanischen Sportartikelherstellers Nike in der vergangenen Woche kräftig einbrechen lassen. Das Minus seit Jahresanfang ist inzwischen auf mehr als 45 Prozent angewachsen. Das aktuelle Kursniveau bietet langfristig orientierten Anlegern jedoch eine vielversprechende Einstiegsgelegenheit.
Die Zeiten, in denen Menschen vor Sportartikelgeschäften campten, um morgens zur Ladenöffnung ein bestimmtes, limitiertes Paar Nike-Schuhe zu ergattern, scheinen vorerst vorüber. Der US-Sportartikelhersteller schaffte es in der Vergangenheit stets, das Angebot diverser Schuhe deutlich kleiner zu halten als die Nachfrage. Das Ergebnis waren stark steigende Wiederverkaufs-Preise für Sneaker und Sportschuhe, weshalb immer mehr Menschen Nike-Schuhe haben wollten.
Die Corona-Pandemie und die gestörten Lieferketten haben das Angebot zeitweise weiter verknappt, während die Nachfrage sogar anzog. Der Wunsch, ein Paar der raren Schuhe zu bekommen, wuchs umso mehr. Inzwischen hat sich die Situation jedoch um 180 Grad gedreht. Um Lieferengpässen vorzubeugen, hat Nike zu Beginn des neuen Schuljahres und der bald beginnenden Weihnachtszeit reichlich „Material“ geordert. Doch da ein Großteil der Schuhe in China produziert wird und die dortigen Lieferketten deutlich reibungsloser funktionieren als erwartet, platzen die Lagerbestände von Nike derzeit aus allen Nähten. Ende August erreichten die weltweiten Lagerbestände einen Wert von 9,7 Milliarden US-Dollar, was 44 Prozent über dem Wert des Vorjahres lag. In den USA stiegen die Bestände auf Jahressicht sogar um 60 Prozent.
Das Angebot weiter zu verknappen, um eine höhere Nachfrage zu erzielen, scheint aktuell nicht mehr zu funktionieren. Zumindest nicht, ohne dass die Lager immer voller werden. Um seine hohen Lagerbestände loszuwerden, ist Nike aktuell zu Rabattaktionen gezwungen, zumal die hohen Inflationsraten die Kauflust der Konsumenten weltweit stark hemmt. Dies führte dazu, dass im ersten Quartal des neuen Geschäftsjahres – Juni bis August – die Umsätze währungsbereinigt zwar um 10 Prozent auf 12,7 Milliarden Dollar kletterten, der Gewinn jedoch um 22 Prozent auf 1,5 Milliarden Dollar einbrach. Die gesunkene Profitabilität und die vollen Lager haben die Nike-Aktie nach Bekanntgabe der Zahlen um 12,8 Prozent einbrechen lassen.
Doch die Probleme, die aktuell auch die deutschen Konkurrenten adidas und PUMA haben, sollten nur von vorübergehender Natur sein. Die Unternehmens- und Strategieberatung McKinsey geht davon aus, dass die globalen Umsätze mit Sportschuhen und Sportbekleidung bis 2025 jährlich um 8 bis 10 Prozent steigen werden.
Anleger, die glauben, dass Nike auf seinen Wachstumspfad zurückkehren wird, bekommen die Aktie aktuell um mehr als 45 Prozent billiger als zu Beginn des Jahres, und sogar für etwa die Hälfte seit dem Rekordhoch vom November 2021 bei 179,10 Dollar.
Charttechnisch ist die Aktie jüngst unter das Juli-Tief bei 99,53 Dollar gefallen und hat danach bei 82,22 Dollar ein neues Korrekturtief erreicht – der knapp darunter verlaufende seit Oktober 2021 etablierte Abwärtstrend konnte so eben gehalten werden. In den vergangenen Tagen konnte sich die Aktie auf über 90 Dollar erholen. Neue Impulse könnte die Rückeroberung des Juli-Tiefs erzeugen. Mittelfristig könnte das Erreichen der 200-Tage-Linie, die aktuell bei 123,46 Dollar verläuft, ein mögliches Ziel darstellen.