Die Abflüsse in den Gold-ETFs scheinen fürs Erste ein Ende gefunden zu haben – im Mai verzeichneten die goldgedeckten ETFs erstmals in diesem Jahr wieder Zuflüsse. Mit der Rückeroberung der 200-Tage-Linie hellte sich aber auch das Chartbild zuletzt deutlich auf.
Gold ist in der Gunst der Anleger zuletzt wieder deutlich gestiegen. Das spiegelt sich vor allem in der Entwicklung des Goldpreises wider, der gestern bis auf 1.875 US-Dollar und damit auf das höchste Niveau seit Januar gestiegen ist. Zu Beginn der Coronakrise war die Verunsicherung am Markt groß und Gold als sogenannter „Sicherer Hafen“ dementsprechend stark gefragt. Der Goldpreis kletterte daraufhin erstmals über die Marke von 2.000 US-Dollar und erreichte im August 2020 bei 2.075 Dollar ein neues Rekordhoch. Doch danach wendete sich das Blatt und der Preis des Edelmetalls gab kräftig nach.
Die Meldung, dass der von der Mainzer Firma BioNTech und ihrem US-Partner Pfizer entwickelte Impfstoff gegen das Coronavirus in Studien eine Wirksamkeit von mehr als 90 Prozent zeigte, könnte im November der Auslöser für eine länger andauernde Goldpreis-Schwäche gewesen sein. Der Markt feierte die Impfstoff-Fortschritte als Durchbruch bei der Bekämpfung von COVID-19. Die Investoren setzten daraufhin voll auf einen kräftigen Wirtschaftsaufschwung nach Überwindung der Pandemie und schichteten ihr Kapital in die Aktienmärkte um. Der Goldpreis schloss das Jahr 2020 zwar noch mit einem Zuwachs von beinahe 25 Prozent ab, doch tendierte er fortan deutlich schwächer.
Gold als “Sicherer Hafen” hatte zunächst ausgedient, weshalb die goldgedeckten ETFs unter kräftigen Abflüssen litten. Die Bestände des weltweit größten Gold-ETFs (SPDR Gold Shares) nahmen seit Beginn des Jahres zwischenzeitlich um mehr als 150 Tonnen oder 13 Prozent ab – am 30. April sanken die Bestände auf 1.017 Tonnen. Zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie fluteten die Notenbanken und Regierungen die Finanzmärkte in den vergangenen Monaten mit reichlich Kapital. Mit billionenschweren Hilfspaketen setzten die USA neue Maßstäbe. Die US-Wirtschaft hat sich inzwischen auch kräftig erholt. Doch die Liquiditätsflut heizte erwartungsgemäß die Inflation an. Und mit den zuletzt augekommenen Inflationssorgen kehrte das Interesse für Gold zurück, denn Gold gilt seit jeher als guter Inflationsschutz.
Gingen die Bestände des SPDR Gold Shares von Anfang des Jahres bis Ende April kontinuierlich abwärts, so scheint sich das Blatt im Mai erneut gewendet zu haben. Stand gestern flossen dem SPDR Gold Shares im Mai bisher wieder 18 Tonnen des Edelemtalls zu. Die Goldbestände aller goldgedeckten ETFs stiegen in den vergangenen sieben Tagen laut Bloomberg um mehr als 30 Tonnen.
Doch nicht nur das fundemeltale Umfeld hat sich für Gold zum Besseren gewendet, auch das Chartbild hellte sich zuletzt deutlich auf. Der Goldpreis überquerte in den vergangenen Tagen nicht nur seinen 200-Tage-Durchschnitt bei aktuell 1.845 Dollar, auch der seit August 2020 etablierte Abwärtstrend wurde bei etwa 1.855 Dollar nach oben verlassen. Aus charttechnischer Sicht hat sich damit zunächst weiteres Kurspotenzial bis zum Hoch aus dem Jahr 2011 bei 1.921 Dollar eröffnet. Kann auch diese Hürde gemeistert werden, könnte die 2.000er-Marke wieder in den Fokus rücken.