Mit einem Kurszuwachs von etwas mehr als 40 Prozent seit Jahresanfang ist die Bayer-Aktie in diesem Jahr der Highflyer im deutschen Leitindex DAX. Zuvor hatten die Bayer-Aktionäre allerdings wenig Grund zum Feiern, denn mit dem Kauf des US-Saatgutriesen Monsanto im September 2016 holte sich der Leverkusener Konzern eine Menge Ärger ins Haus.
Monsantos Unkrautvernichtungsmittel Roundup zog eine riesige Klagewelle nach sich, denn der enthaltene Wirkstoff Glyphosat soll krebserregend sein. Mehr als 10 Milliarden US-Dollar zahlte Bayer inzwischen an Vergleichen für die Beilegung zahlreicher Klagen. Die Bayer-Aktie, die vor dem Kauf von Monsanto im April 2015 bei 146,45 Euro ein Rekordhoch erreichte, stürzte im Sog der Klagewellen regelrecht ab und fiel im Oktober 2020 bei 39,91 Euro auf das niedrigste Niveau seit Oktober 2011.
Reagierte der Aktienkurs lange Zeit recht sensibel auf Rückschläge in Rechtsstreitigkeiten, so prallen negative Nachrichten inzwischen bei den Marktteilnehmern weitestgehend ab.
So auch zuletzt, als die US-Regierung dem obersten US-Gericht von der Annahme eines wegweisenden Falls abriet und damit eine wegweisende Verhandlung vor dem Supreme Court unwahrscheinlich machte. Bayer hatte sich von einem für Bayer günstigen Urteil vor dem Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten Signalwirkung versprochen, zu der es aller Voraussicht nach aber nicht kommen wird.
Das scheint die Investoren aktuell aber wenig zu stören, denn im Tagesgeschäft läuft es für den Bayer-Konzern inzwischen wieder überaus gut. Nachdem das Agrargeschäft nach der Monsanto-Übernahme lange Zeit den Erwartungen hinterhergelaufen war, nahm es 2021 Schwung auf. Es profitiert von der hohen Nachfrage nach Mais und Sojabohnen. Zudem haben Landwirte bei hohen Preisen für ihre Produkte einen größeren Anreiz, Geld für Pflanzenschutzmittel auszugeben.
Auch stiegen die Preise für den wichtigen Umsatzbringer Glyphosat zuletzt stark an. Auf absehbarer Zeit dürfte das Agrar-Marktumfeld gut bleiben.
Das Pharmageschäft lief im ersten Quartal unter dem Strich zwar nicht ganz so gut, doch lag dies auch an der Einführung neuer Medikamente wie dem Nierenmedikament für Diabetiker Kerendia und Nubeqa gegen Prostatakrebs, die mit hohen Kosten verbunden waren. Für Nubeqa rechnet Bayer infolge positiver Studiendaten seit Kurzem mit Spitzenumsätzen von mehr als drei Milliarden Euro pro Jahr.
Die Risiken weiterer Rechtsstreitigkeiten dürften inzwischen überschaubar sein. Bayer hatte per Ende 2021 Rücklagen in Höhe von 7,5 Milliarden gebildet, um sich mit aktuellen und künftigen Klägern einigen zu können. Analysten halten die Rückstellungen zum gegenwärtigen Zeitpunkt für ausreichend.
Charttechnisch hat sich die Aktie inzwischen deutlich von ihrem Korrekturtief vom Oktober 2020 distanziert. Aktuell steuert die Aktie auf das April-Hoch bei 67,99 Euro zu. Kann die Hürde gemeistert werden, würde sich weiteres Erholungspotenzial bis zum Hoch vom Februar 2020 bei 78,34 Euro eröffnen. Bei 73,63 Euro würde sich zuvor noch das Zwischenhoch vom Juni 2020 in den Weg stellen. Auf der Unterseite droht zunächst wenig Gefahr. Das Chartbild würde sich erst wieder etwas gravierender eintrüben, wenn das Zwischenhoch vom Mai 2021 bei 57,73 Euro unterschritten wird.