Obwohl sich die britische Regierung und die EU auf ein neues Austrittsabkommen geeinigt hatten, musste der britische Premierminister Boris Johnson bei der EU eine Verschiebung des Austrittstermins beantragen.

Quelle: finanzen.net; Stand: 22. Oktober 2019

Die zurückliegende Woche hatte es in sich. Die britische Regierung und die EU-Kommission arbeiteten unter Hochdruck an einer Brexit-Lösung – planmäßig sollte Großbritannien die Europäische Union zum 31. Oktober verlassen. Am Markt stiegen die Hoffnungen, dass der Austritt der Briten nicht chaotisch, sondern doch noch geregelt ablaufen könnte. Am vergangenen Donnerstag einigten sich beide Parteien dann auch auf einen neuen Deal, der allerdings noch die Zustimmung vom britischen Parlament benötigte. Die Abstimmung war für Samstag geplant, doch wurde dem Brexit-Theater am zurückliegenden Wochenende ein neues Kapitel hinzugefügt.

Das britische Unterhaus hat die Abstimmung über den zwischen der britischen Regierung und der EU-Kommission ausgehandelten Deal am Samstag kurzerhand verschoben, womit Premierminister Boris Johnson per Gesetz dazu gezwungen wurde, eine Verschiebung des Brexits bei der EU zu beantragen. Das tat dieser dann auch, jedoch widerwillig. Johnson schrieb mehrere Briefe an die EU. In einem bat er um die Verschiebung des Austrittstermins auf den 31. Januar 2020. Diesen Brief unterschrieb er jedoch nicht handschriftlich. In einem zweiten Brief riet er der EU, den Antrag auf Verschiebung abzulehnen, was im britischen Parlament hohe Wellen schlug. Johnson muss sich nun vor einem britischen Gericht verantworten, da sein zweiter Brief den ersten konterkarierte, womit er möglicherweise das Gesetz missachtet hat.
Noch steht nicht fest, wann das britische Parlament nun über den Deal abstimmen wird. Unterhaussprecher John Bercow lehnte eine Abstimmung am Montag ab und schlug der Regierung vor, stattdessen das Ratifizierungsgesetz zum Brexit-Deal, dass das Abkommen in britisches Recht überführt, vom Parlament verabschieden zu lassen. Die EU will mit der Entscheidung über eine mögliche weitere Brexit-Verschiebung warten, bis über das Ratifizierungsgesetz abgestimmt wurde. Möglicherweise könnte dann am Donnerstag über den Deal abgestimmt werden. Ein Marktbeobachter glaubt allerdings, dass “ein chaotischer Austritt Großbritanniens aus der EU trotz der chaotischen letzten Tage ein bisschen unwahrscheinlicher geworden ist”.

Zumindest spiegelt dies die Entwicklung an den Finanzmärkten wider. Nicht nur konnten die wichtigsten europäischen Leitindizes zuletzt deutlich zu legen – der DAX erreichte in der zurückliegenden Woche bei 12.814 Punkten ein neues Jahreshoch –, auch der Euro und das Britische Pfund konnten sich deutlich erholen – das Pfund sogar noch deutlich stärker als der Euro.
Das Geschehen an den Börsen dürfte in der kommenden Woche von den Entwicklungen im Brexit-Theater bestimmt werden. Doch auch die in den kommenden Tagen Fahrt aufnehmende Berichtssaison könnte für Impulse sorgen.

Blick auf die Märkte

MARKTDATEN

(Stand: 22.10.2019, 10:30 Uhr, Quelle: vwd)

Basiswert

Stand

Veränderung zu Vorwoche (nominal)

Veränderung zur Vorwoche (in Prozent)

DAX

12.738,34

+205,17

+1,64 %

MDAX

26.226,94

+483,20

+1,88 %

TecDAX

2.835,69

+58,78

+2,12 %

Euro STOXX 50

3.587,49

+9,48

+0,26 %

Nikkei 225

22.548,90

+341,69

+1,54 %

Dow Jones

26.827,64

+40,28

+0,15 %

NASDAQ 100

7.940,33

+98,00

+1,25 %

Gold

1.488,23

-4,25

-0,29 %

Silber

17,65

+0,02

+0,10 %

Rohöl (Brent)

59,00

-0,15

-0,25 %

EUR/USD

1,1136

+0,0109

+0,99 %

AUSGEWÄHLTE WIRTSCHAFTSDATEN

(Stand: 22.10.2019, Quelle: finanzen.net)

Datum

Relevanz

Uhrzeit

Land*

Indikator

Periode

Prognose

Zuletzt

Mi, 23.10.19

2

16:30

US

EIA Rohöl-Lagerbestände in Mio. Barrel

Vorwoche

1,73

9,28

Mi, 23.10.19

2

16:30

US

EIA Lagerbestände Destillate (Diesel, Heizöl) in Mio. Barrel

Vorwoche

-2,70

-3,82

Mi, 23.10.19

2

16:30

US

EIA Lagerbestände Benzin in Mio. Barrel

Vorwoche

-2,29

-2,56

Do, 24.10.19

3

10:30

DE

Einkaufsmanagerindex Industrie

Okt

42,0

41,7

Do, 24.10.19

3

10:30

DE

Einkaufsmanagerindex Dienstleister

Okt

52,0

51,4

Do, 24.10.19

3

11:00

EU

Einkaufsmanagerindex Industrie

Okt

46,0

45,7

Do, 24.10.19

3

11:00

EU

Einkaufsmanagerindex Dienstleister

Okt

51,9

51,6

Do, 24.10.19

3

13:45

EU

EZB-Zinsentscheid (Tendersatz)

Okt

0,0 %

0,0 %

Do, 24.10.19

3

13:45

EU

EZB-Zinsentscheid (Einlagensatz)

Okt

-0,5 %

-0,5 %

Do, 24.10.19

3

14:30

US

Auftragseingang langlebiger Wirtschaftsgüter

Sep

-0,8 %

0,2 %

Do, 24.10.19

2

14:30

US

Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe in Tsd.

Vorwoche

215

214

Do, 24.10.19

3

15:45

US

Einkaufsmanagerindex Industrie

Okt

50,7

51,1

Do, 24.10.19

3

15:45

US

Einkaufsmanagerindex Dienstleister

Okt

51,0

50,9

Fr, 25.10.19

3

10:00

DE

ifo Geschäftsklimaindex

Okt

94,5

94,6

Fr, 25.10.19

3

10:00

DE

ifo Geschäftslage

Okt

98,0

98,5

Fr, 25.10.19

3

10:00

DE

Ifo Geschäftserwartungen

Okt

91,0

90,8

Fr, 25.10.19

3

16:00

US

Konsumklima Uni Michigan

Okt

96,0

96,0

* Länderabkürzungen (ISO 3166): US = USA, DE = Deutschland, EU = Eurozone

Lässt die Nachfrage nach Öl-Produkten nach?

Die USA sind nicht nur einer großer Abnehmer von Rohöl, sondern seit einiger Zeit auch ein wichtiger Exporteuer am Ölmarkt. Von daher werden die wöchentlichen Lagerbestände in den USA mit besonderem Interesse verfolgt. Wie die US-Energiebehörde EIA (Energy Information Administration) meldete, sind die Rohölbestände zuletzt um 9,3 Millionen Barrel gestiegen. Volkswirte hatten im Vorfeld lediglich mit einem Anstieg von etwa 3 Millionen Barrel gerechnet. In einer ersten Reaktion blieb der Markt noch recht unbeeindruckt, da die Bestände an Benzin und Destillaten (Diesel, Heizöl) zusammen um 6,4 Millionen Barrel abnahmen. Doch schnell wurde klar, dass nicht die hohe Nachfrage der Grund für den Rückgang bei den Ölprodukten war, sondern ein überraschend starker Rückgang der Rohölverarbeitung in den Raffinerien. Dies ist im Herbst wegen Wartungsarbeiten im Vorfeld der Wintersaison zwar nicht unüblich, doch lag die Verarbeitung in den Raffinerien mit 15,44 Millionen Barrel pro Tag deutlich unter dem Niveau vom Vorjahr und auf dem niedrigsten Stand seit September 2017, als Wirbelsturm Harvey vorübergehend für Produktionsunterbrechungen an der Golfküste sorgte. Der Markt dürfte daher ganz genau auf die neuen Daten am Mittwoch achten.

AUSGEWÄHLTE UNTERNEHMENSDATEN

(Stand: 22.10.2019, Quelle: finanzen.net)

Datum

Unternehmen

Quartal

Währung

Schätzung*

Vorjahr

Veränderung

Mi, 23.10.19

Daimler

Q3/2019

EUR

1,58

1,58

+0,00 %

Do, 24.10.19

AIXTRON

Q3/2019

EUR

0,07

0,10

-30,00 %

Do, 24.10.19

BASF

Q3/2019

EUR

0,84

1,51

-44,37 %

Do, 24.10.19

Intel

Q3/2019

USD

1,23

1,40

-12,14 %

Do, 24.10.19

KION GROUP

Q3/2019

EUR

1,08

0,83

+30,12 %

Do, 24.10.19

McDonald’s

Q3/2019

USD

2,21

2,10

+5,24 %

Do, 24.10.19

Microsoft

Q1/2020

USD

1,24

1,14

+8,77 %

Do, 24.10.19

PUMA

Q3/2019

EUR

0,67

0,52

+28,85 %

Do, 24.10.19

Siltronic

Q3/2019

EUR

1,25

3,53

-64,59 %

Fr, 25.10.19

Coca-Cola

Q3/2019

USD

0,56

0,58

-3,45 %

Sa, 26.10.19

Alphabet A (früher Google)

Q3/2019

USD

12,24

13,06

-6,28 %

Sa, 26.10.19

Amazon

Q3/2019

USD

4,77

5,75

-17,04 %

Mo, 28.10.19

Covestro

Q3/2019

EUR

0,77

2,59

-70,27 %

Mo, 28.10.19

Deutsche Börse

Q3/2019

EUR

1,46

1,30

+12,31 %

* durchschnittliche Analystenschätzungen für den Gewinn je Aktie

Wie schlimm wird es für die Chemieunternehmen?

Die zuletzt schwächer werdenden Konjunkturdaten aus der Eurozone und die sich immer weiter abkühlende Weltkonjunktur wirken sich negativ auf zyklische, konjunkturabhängige Sektoren aus. Die Chemiebranche bekommt das konjunkturell schwache Umfeld besonders hart zu spüren – gut zu erkennen an den Gewinnschätzungen für BASF und Covestro, die in dieser Woche ihre Zahlen für das abgelaufene dritte Quartal vorlegen. Bei BASF wird ein Gewinnrückgang im Vergleich zum Vorjahr von rund 44 Prozent erwartet. Bei Covestro wird sogar mit einem Gewinneinbruch um etwa 70 Prozent gerechnet. BASF gab im Juli eine Gewinnwarnung für das Gesamtjahr heraus und geht nun von einem Umsatzrückgang um 1 bis 5 Prozent und einem Ergebniseinbruch um bis zu 30 Prozent aus. Die Chemiebranche gilt als Frühindikator für die wirtschaftliche Entwicklung. Die Aktien beider Unternehmen gerieten daher bereits 2018 stark unter Druck. Zuletzt ging es etwas aufwärts – möglicherweise bessern sich hier die Aussichten. Daher sind die Q3-Zahlen wichtig, aber der Ausblick für das vierte Quartal oder sogar für 2020 noch viel wichtiger.