Der Energieversorger E.ON hat seine Umstrukturierung weitgehend abgeschlossen und blickt nun wieder optimistischer in die Zukunft. Der Ausstieg aus der Kernenergie soll durch Synergien aus der innogy-Übernahme und einem kräftig wachsenden Kerngeschäft kompensiert werden.
Der Energiekonzern E.ON konnte ein schwieriges Jahr, das vor allem von der Covid-19-Pandemie und der Integration der früheren RWE-Tochter innogy geprägt war, erfolgreich abschließen. Während des ersten Lockdowns im März 2020 brach die Stromnachfrage wegen der größtenteils geschlossenen Fabriken zwar kräftig ein, worauf E.ON im Sommer mit einer Anpassung der Prognosen für das Gesamtjahr reagierte. Doch hat sich das Geschäft in den Folgemonaten wie erwartet stabilisiert und so konnte E.ON in dieser Woche Zahlen für 2020 präsentieren, die im Rahmen der Markterwartungen ausgefallen sind. Das operative Geschäft hat sich trotz des herausfordernden Umfelds robust entwickelt. Der Umsatz lag bei 60,9 Milliarden Euro, der bereinigte Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) bei rund 3,8 Milliarden Euro und der bereinigte Konzernüberschuss bei 1,6 Milliarden Euro. Die Werte lagen damit innerhalb der im August für 2020 angepassten Prognosen. Vergleichszahlen mit dem Vorjahr machen nur bedingt Sinn, denn E.ON hat 2020 praktisch eine Totalumstrukturierung vorgenommen. Zum einen hat E.ON im abgelaufenen Geschäftsjahr die Auflagen der EU-Kommission zur innogy-Übernahme vollständig umgesetzt und innogy in den Konzern integriert. Auch musste die britische innogy-Tochter npower in das britische Geschäft von E.ON (E.ON UK) integriert werden. Daneben stieg E.ON aus der Kernenergie aus, womit erhebliche Risiken abgebaut werden konnten.
E.ON will in den kommenden Jahren solide wachsen und peilt 2021 ein bereinigtes EBIT zwischen 3,8 und 4,0 Milliarden Euro und einen bereinigten Konzernüberschuss zwischen 1,7 und 1,9 Milliarden Euro an. Bis 2023 will der Energieversorger dann auf EBIT-Ebene um 8 bis 10 Prozent pro Jahr wachsen, was unter dem Strich einem 3-Jahres-Wachstum zwischen 24 und 30 Prozent entsprechen würde. Auch hier wurden die Erwartungen der Analysten getroffen. Diese hatten für 2021 im Konsens zwar nur ein kleines Plus erwartet, zeigten sich für 2022 jedoch etwas optimistischer. Alles in allem kommt die E.ON-Prognose bis 2023 aber sehr nah an die durchschnittliche Markterwartung von 28 Prozent heran.
Die E.ON-Aktie dürfte für Dividendenjäger auch weiterhin interessant bleiben. Vorstand und Aufsichtsrat wollen den Aktionären auf der Hauptversammlung für das Geschäftsjahr 2020 eine Dividendenerhöhung um einen Cent auf 0,47 Euro pro Aktie vorschlagen, was einer Dividendenrendite bei einem aktuellen Kurs von 9,07 Euro von beinahe 5,2 Prozent entsprechen würde. Und auch in den Folgejahren will E.ON seine Dividendenpolitik fortsetzen und strebt bis 2023 eine jährliche Steigerung der Dividende von bis zu 5 Prozent an.
Charttechnisch hat die Aktie eine schwierige Phase möglicherweise hinter sich, denn vor wenigen Tagen konnte sie die bei aktuell 8,71 Euro verlaufende 38-Tage-Linie nachhaltig überqueren. Der nächste massive Widerstand taucht nun am 200-Tage-Durchschnitt bei aktuell 9,39 Euro auf. Wird auch diese Hürde gemeistert, würde ein kräftiges Kaufsignal generiert. Gleichzeitig würde sich Aufwärtspotenzial bis zum Zwischenhoch vom Juli 2020 bei 10,81 Euro eröffnen. Das März-Tief bei 8,27 Euro sollte allerdings nicht mehr unterschritten werden, denn sonst könnten weitere Kursverluste drohen.