2019 trübte sich das Marktumfeld für die Chipindustrie kurz ein. Doch die langfristigen Aussichten sind nach wie vor vielversprechend. Infineon könnte ein Profiteur der Digitalisierung werden.
Für die Halbleiterindustrie war 2019 kein gutes Jahr. Nach teilweise zweistelligen Wachstumsraten in den Vorjahren und einem neuen Umsatzrekord im Jahr 2018 brach der weltweite Umsatz in der Chipbranche im vergangenen Jahr nach Schätzungen von IHS Markit um rund 13 Prozent auf etwa 423 Milliarden US-Dollar ein. Die Gründe für die schwache Entwicklung sind schnell gefunden – geopolitische Spannungen und die weltweiten Handelskonflikte, speziell der Streit zwischen den USA und China. Auch der deutsche Chiphersteller Infineon hatte zu kämpfen. Infineon erzielt rund ein Viertel seiner Umsätze in China. Doch noch viel entscheidender für den deutschen Chiphersteller war die Schwäche in der Automobilindustrie, denn hier generiert Infineon rund 40 Prozent seiner Umsätze. Die Aktie rutschte im Juni auf 13,42 Euro ab – ziemlich genau ein Jahr zuvor erreichte sie bei 25,76 Euro noch ihr bisheriges Rekordhoch.
Doch seither geht es wieder aufwärts. Die Automobilbranche scheint sich zu erholen und im Handelsstreit zwischen den USA und China wurde inzwischen ein erstes Teilabkommen erzielt. Die Halbleiterbranche dürfte laut IHS Markit 2020 wieder um knapp 6 Prozent wachsen. Die Aussichten für Infineon sind vielversprechend, denn Infineon profitiert nicht nur von der Erholung, sondern auch vom Wandel in der Automobilindustrie. Halbleiter sind essenziell, um wichtige Trends der Automobilindustrie, wie z.B. Elektromobilität, autonomes Fahren oder die sichere Vernetzung von Fahrzeugen, umzusetzen. Und in einem Elektroauto sind nochmals deutlich mehr Chips verbaut als in einem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor.
Doch auch in Bereichen außerhalb der Automobilindustrie ist die Digitalisierung das Zukunftsthema schlechthin. Im neuen Jahrzehnt wird die Digitalisierung mit 5G, dem Internet der Dinge und die Künstliche Intelligenz deutlich stärker in den Vordergrund rücken. Infineon hat sich zudem erfolgreich auf Nischen konzentriert, insbesondere auf Chips zur Stromversorgung, sogenannte Leistungshalbleiter. Egal in welchem Anwendungsbereich – der Bedarf an Halbleitern wird immens wachsen. Infineon sollte von dieser Entwicklung stark profitieren.
Trotz eines herausfordernden Umfelds hat sich Infineon im abgelaufenen Geschäftsjahr 2018/19 wacker geschlagen. Der Umsatz konnte im Vergleich zum Vorjahr um 6 Prozent auf 8,03 Milliarden Euro gesteigert werden. Die Umsatzrendite lag bei 16,4 Prozent. Damit konnten die eigenen Erwartungen leicht übertroffen werden. Für das neue Geschäftsjahr gab sich Infineon zunächst zurückhaltend. Angesichts der Teileinigung im US-Handelsstreit mit China möglicherweise zu zurückhaltend. Einen ersten Vorgeschmack dürften die Zahlen für das erste Quartal 2019/20 liefern, die am 5. Februar veröffentlich werden.
Charttechnisch hat sich die Situation ebenfalls gebessert. Die Infineon-Aktie hat seit ihrem Tief im Juni bei 13,42 Euro bereits wieder 60 Prozent zugelegt. Aktuell kämpft der Wert mit dem Hoch aus dem Jahr 2019 bei 21,62 Euro. Zwar konnte die Aktie bei 21,99 Euro bereits ein frisches 16-Monats-Hoch erreichen, doch die nachhaltige Überquerung gelang noch nicht. Gelingt dies jedoch, wäre zunächst Platz bis zum Zwischenhoch vom August 2018 bei 23,34 Euro, ehe das Hoch aus dem Jahr 2018 bei 25,76 Euro, das zugleich ein 17-Jahres-Hoch markiert, wieder in den Fokus rückt. Der MACD hat jüngst sogar erneut ein Kaufsignal generiert. Der RSI (nicht abgebildet) nähert sich allerdings der überkauften Zone und könnte ein weiteres Vorwärtskommen zwischenzeitlich bremsen. Auf der Unterseite sollten die 38-Tage-Linie bei 20,15 Euro sowie der kurzfristige Aufwärtstrend bei 19,84 Euro für Halt sorgen. Die nächste signifikante Unterstützung wartet allerdings erst am September-Hoch bei 18,65 Euro.