Nach der gescheiterten Fusion mit Tata Steel musste thyssenkrupp einen Strategiewechsel vornehmen. Geplant ist nun der Aufbau einer deutschen Stahl-AG.
Die Finanzdecke von thyssenkrupp ist dünn. Es besteht die Gefahr, dass der Konzern in der nächsten Rezession in eine Krise rutscht. Die alte Strategie, mit der der Vorstand den Konzern neu ausrichten und stabilisieren wollte, schlug allerdings fehl. Geplant war die Fusion der Stahlsparte des Konzerns mit Tata Steel und der Ausbau der Industrie- und Technologiesparte. Die Europäische Kommission sah die Marktmacht des neuen Stahlriesen kritisch und untersagte die Fusion.
Ein Strategiewechsel musste her. Der Vorstandschef Guido Kerkhoff hat in den Vorwochen ein neues Konzept ausgearbeitet. Im Mittelpunkt steht der Kauf des Stahlhändlers Klöckner & Co. Mit dem Schwenk in Richtung Stahl dürfte gleichzeitig die Abspaltung der Aufzugsparte einhergehen. Der geschätzte Wert dieses Bereichs liegt bei 14 Milliarden Euro. Durch diesen Verkauf erhält der Stahlkonzern die notwendigen Mittel für den Ausbau des Stahlbereichs. Nach der Übernahme von Klöckner könnte eine Fusion mit dem Stahlproduzenten Salzgitter in den Fokus rücken.
Gelingt dies ebenfalls, entsteht eine deutsche Stahl-AG. Ziele sind zum einen größere Einsparungen in der Stahlproduktion und im Handel mit Werkstoffen. Zum andern soll durch Größe erreicht werden, dass der Stahlkonzern nicht von Konkurrenten aus Asien oder Osteuropa geschluckt wird. Acht von 15 Analysten geben derzeit eine Kaufempfehlung für die Aktie. Rund die Hälfte der Analysten glaubt also, dass der Umbau gelingen wird. Vier Analysten stufen die Aktie als haltenswert ein. Drei Analysten gaben eine Verkaufsempfehlung für die thyssenkrupp-Aktie.
Charttechnisch wirkt die Aktie aktuell noch schwer angeschlagen. Im Mai rutschte der Wert erstmals unter das Tief aus dem Jahr 2012 bei 11,44 Euro, das zugleich ein 14-Jahres-Tief markierte. Nach einem mehrwöchigen Kampf mit der Marke ging es dann Anfang August nachhaltig unter die wichtige Unterstützung – bei 9,25 Euro erreichte das Papier im Anschluss ein neues 15-Jahres-Tief. Erst in den vergangenen Tagen kam es zu einer leichten Erholungsbewegung. Das Chartbild würde sich allerdings erst leicht aufhellen, sollte die breite Widerstandszone zwischen 11,44 und 12,56 Euro, die aus den Tiefpunkten der Jahre 2012, 2009 und 2016 resultiert, nach oben durchbrochen werden. Mögliche Anlaufziele könnten danach der 200-Tage-Durchschnitt bei 13,33 sowie das Mai-Hoch bei 14,46 Euro sein. Setzt die Aktie ihre übergeordnete Abwärtsbewegung hingegen fort, muss das jüngste Korrekturtief bei 9,25 Euro im Auge behalten werden. Bei einem Unterschreiten droht ein Absturz auf das 2003er-Tief bei 6,85 Euro.